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letra de frau klotzke - hannes wader

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es ist wieder sommer, meine nachbarin
ich kenne das schon, ich schau’ gar nicht mehr hin
öffnet das fenster nach beiden seiten
und beginnt zwei kissen vor sich auszubreiten
eins für sich sich selbst und eins für den hund –
dessen haarloser wanst ist überall wund
ein krankes tier, das mehr kriecht als es läuft
weil sein hängebauch über den boden schleift!
die frau beugt sich raus, sie ist überaus fett
und schleudert ihre t-tten übers fensterbrett

am samstag, als ich im freibad war
sah ich auch meine nachbarin da
in ihrem unterrock saß sie am strand
das gesich eingefettet, zur sonne gewandt
die haare wie immer strähnig und kraus –
wie ein bündel faulendes heu sah das aus!
sie fing gleich an, mir was zu erzählen
und bat mich ihr den rücken zu ölen –
ich habe ihr dann den gefallen getan
erinn’re mich aber nicht gern daran!

am späten abend ging ich mal raus
zu paul, der hat ‘ne kneipe im vorderhaus
da ist sonnabends tanz – ich geh’ selten hin
höchstens um mir zigaretten zu zieh’n!
meist sitzt da einer im nylonhemd
ein schifferklavier vor den bauch geklemmt
verdient sich ein paar mark neben seiner rente
und beherrscht, so sagt man, zehn instrumente!
ich setzte mich ganz kurz auf ein bier
dann nahm ich meine sachen, ging wieder zur tür

grad’ hatt’ ich auf die klinke gedrückt
da reißt mich ein kerl am arm zurück:
“im freibad meine frau zu betatschen, du schwein
dafür hau’ ich die sofort eine rein!”
ich bückte mich, hielt mir ‘nen stuhl vor’s gesicht –
zum glück meinte einer: “du, mach das nicht
mit deiner frau haben wir dich alle schon mal
und bis jetzt war’s dir immer scheißegal!
der komische vogel soll ‘ne lage ausgeben –
komm trinken wir einen, l-ss ihn am leben!”

sie schleiften mich an die theke nach vorn’
ich bestellte schnell eine runde korn –
alles trank, bis plötzlich einer drauf kam
mich gesehe zu haben, mit gitarre im arm!
ich solle mal etwas schönes singen
ein instrument würde man mir schon bringen!
mein nachbar wünschte sich das wolgalied
ich sang es und gleich gröhlten alle mit
auch hockten inzwichen gerührt und stumm
ein paar d-cke mädchen um mich herum

ein säufer, der versucht hatte mitzulallen
war schon schnarchend vom stuhl gefallen –
meinem nachbarn war die wolga noch vom krieg her bekannt
er begann zu weinen und drehte sich zu wand –
beim refrain, an der stelle mit den engelein
heulte endlich der ganze verein!
in dem augenbl!ck stiller ergriffenheit
öffnete sich die tür ganz weit
und eine sehr fette frau erschien
ihren hund an der leine – meine nachbarin!

sie hatte, kaum war war sie hereingekommen
dem hund die leine abgenommen –
der todkranke köter schleppte sich dann
pfeifend und zischend zu jenem mann
der unter den tisch gefallen war
und leckte dessen gesicht und haar
der mann erwachte, riss die augen auf, schrie
schlug mit der faust nach dem ekligen vieh
d-ss es jaulend über die tanzfläche flog
nach atem ringend den schwanz einzog!

meine nachbarin hatte dem gescheh’n
mit geöffnetem munde zugeseh’n
der hund kroch zu ihr, sie rief seinen namen
und brach gleich darauf über ihm zusammen!
ihr lieber ehemann meinte nun
er müsse seinerseits auch etwas tun
zerrte den mann unterm tisch hervor
schlug ihm sein bierglas hinter das ohr
und sprang ihm mit seinem vollen gewicht
und beiden füßen zugleich ins gesicht!

der ärmste setzte sich erst noch zu wehr
schließlich rührte er sich garnicht mehr –
mein nachbar ließ endlich von ihm ab
worauf er sich setzte und ‘ne runde ausgab
er schob mir ein glas hin, dann wollte er gern
nochmal das wolgalied von mir hör’n!
ich begann von vorn und nach ein paar tönen
kamen ihm schon wieder die tränen
auch seine frau, mitsamt ihrem tier
sank auf einen stuhl und lauschte mir

von einer vesöhnlichen stimmung gepackt
saß mein nachbar bis zu letzten takt
beugte sich dann runter zu dem hilflosen mann
und bot ihm auch was zu trinken an –
der verstand kein wort, lag da ganz krumm
und kaute auf geronnenem blut herum
mein nachbar ging daran ihm, noch halb im liegen
die kiefer auseinanderzubiegen
und kippte, um alles wieder gutzumachen
dem ärmsten ein volles glas bier in den rachen!

der nahm von alldem gar nichts mehr wahr
weil er schon vorher besinnungslos war
und erstickte, ohne sich sehr zu quälen –
bliebe zu schluss noch zu erzählen
d-ss mein nachbar mir gleich einen vorschlag machte
als ich grad’ an nichts böses dachte –
das mit der leiche sei wohl weniger schön
doch müsse das leben ja weitergeh’n:
ob ich l-st hätte, seiner frau das singen
und gitarre spielen, beizubringen . .

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